Dieser Artikel ist nicht geeignet für Leserinnen und Leser, denen politisch inkorrekter Humor Unbehagen verursacht. Bitte halten Sie Abstand und gehen Sie an der kalten Luft spazieren.
Blick auf den Watzmann |
Ein freundlicher Tag im Spätherbst. Eine ländliche Region in
den Berchtesgadener Alpen. Eine Gruppe
junger Menschen macht sich auf den Weg zum Gipfel. Zwei Rucksäcke, acht Liter
Wasser, drei Packungen Müsliriegel, zehn Beine, fünf Gesichter, eines davon
gehört mir. So weit, so normal.
Über die restlichen vier Gesichter wisst ihr bisher nichts. Wie
sehen sie aus in euren Köpfen? Lächelnde
weiße Zähne vor Bergpanorama? Karierte Outdoor-Bluse küsst Edelweiß? Stramme,
helle Waden in abgewetztem Meindl-Schuh? Irgendwelche Auffälligkeiten? Nein?
Weit getäuscht. Es gibt nämlich Auffälligkeiten. Zwei Stück sogar. Die Auffälligkeiten heißen
Barakat und Emanuel, kommen aus Eritrea, tragen keine karierten Outdoor-Blusen
und ihre Gesichter sind schwarz. Mal sehen, was da wohl der Bayer zu sagt!
Am Anfang der Tour begegnen wir vielen karierten Tagesausflüglern, die vom touristisch überlaufenen Königssee herüber geflüchtet sind. Viele grüßen
freundlich. „Griast eich“, lacht Barakat in perfektem bayrisch zurück. Ich murmle‘
nur „Servus“. Das geht mir leichter über die Lippen und ich fühle mich mit
meinem ungerollten „r“ nicht gleich als Preuße* ertappt (*bayrisch = Mensch,
nördlich der Donau lebend).
Manche Königssee-Flüchtlinge grüßen nicht so freundlich, sondern
schauen irritiert in die schwarzen Gesichter von Barakat und Amanuel. „Pah,
irritiert!“, denkt sich jetzt der liberale Leser und schimpft: „Die Bayern wieder!“. Aber.
Seien wir doch mal ehrlich. Als wir zu Beginn der Geschichte an die vier Gesichter vor Bergpanorama
gedacht haben: keines davon war schwarz, oder? Um den Stereotyp in meinem Kopf zu überprüfen Google
ich: „Wanderer Alpen Bilder“. Alles fast lupenreine Arier, die einem da zulächeln. Wer rechnet da schon mit einem Schwarzen – und das noch in der Nähe
vom Obersalzberg!
Wir lassen uns von den irritierten Blicken nicht bremsen und
marschieren frohgemut voran. Schließlich gilt es noch 1000 Höhenmeter bis zum
Gipfel zu überwinden. An einer Weggabelung wissen wir nicht weiter. Im Zweifel
immer Bergauf, sagt Anna. Zur Sicherheit überprüfen wir die Karte. Von hinten
nähert sich über eine Brücke vorsichtig ein Pärchen mit Hund, das wir noch vor
kurzer Zeit überholt hatten.
„Griast eich!“, rufe ich jetzt von der frischen Bergluft
angestachelt schon mutiger und Barakat kichert. „Servus“, sagt auch er. Das Pärchen nickt
zurück und redet dem Hund gut zu. Ich sage: „Hat der Hund Angst vor der
Brücke?“ Die Frau schaut erst Barakat und Emanuel an, dann mich und streicht
dem Labrador beruhigend über den Kopf. „Feeeein.“
„Na“, antwortet der Mann für
sie. „Es is nua... der Hund. Er hod nu nia wen mid dunkla Haud gseng... Und dann
hamma uns dacht, mia schaun erst moi wia er reagiert."
„Ach“, sage ich. Dann frage ich mich, ob ich im falschen Film bin. Ich bleibe mir eine Antwort schuldig. Ob der Hund schon mal einen Preußen gesehen hat? Ich schaue zu Emanuel. Frage mich, ob
sein Wortschatz die Vokabel „dunkelhäutig“ enthält und
ob er den Bauern, äh Bayern verstanden hat.
„Woaßt, ois a nu kloa war, der Hund. Da hamma erm ois zoagt.
Ois Welpe. Aba jetzt [sucht peinlich berührt eine Weile nach einem politisch vertretbaren Wort] an D-u-n-k-e-l-h-ä-u-t-i-g-e-n hod er nu nia gseng. Da hamma uns
dacht, mia schaun erst moi wia er reagiert...“ Weder mir, noch Anna fällt etwas dazu ein. Wir schweigen
ähnlich laut wie die trockenen Müsliriegel in unseren Rucksäcken. „Feeeeein“,
streicht die Frau dem Hund weiter über den Kopf. Der Hund, der alte Rassist. „Na ja“, sagt die Frau jetzt
zuversichtlicher und zeigt auf das ahnungslose Fellknäuel, „sei Mama war jo a dunkel. Von dem her
kennt as vielleicht scho a wengal.“ „Achsooo“, sage ich.
„Pfiats eich“, sagt Emanuel
zum Abschied. Auf Hochdeutsch heißt das „Es behüte euch Gott!“. Na ja, ob es da
noch was zu behüten gibt?
A.d.R.: Eigentlich wollte ich diesen Text „Neulich in Bayern“
nennen. Aber dann dachte ich: „Nä. Nicht wieder sämtliche Klischees vom
Hinterwäldler-Bayern bedienen, der denkt, dass der Preuße denkt, er sei ein
Bauer.“ Denkt der Preuße ja übrigens auch gar nicht. Ist ja auch kein Preuße
nicht, der Preuße. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass sich die
gleiche Geschichte auch in der Pfalz oder im Schwarzwald abspielen könnte – von
der sächsischen Schweiz ganz zu schweigen. Wir können also nur hoffen, dass sich der deutsche Hund im Zuge
der Willkommenskultur bald an unterschiedliche Hautfarben von Menschen im Land
gewöhnt. Der Rest ist dann ein Kinderspiel.
Der gemeine Westerwälder reagiert im speziellen auch besonders. Oft irritiert.
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