Ich sitze im Bus und fahre an einem Möbelhaus vorbei. Im Schaufenster wird nicht geworben mit der Qualität der Massivholzmöbel oder der gesundheitsfördernen Wirkung der Kaltschaummatratzen, nicht mit den Niedrigpreisen oder der besonderen Umweltverträglichkeit FSC-Zertifizierter Produkte. Nein. Ein großes Plakat mit einem blauen Schrottsofa darauf, daneben eine 599 und daneben in 400fach vergrößerter Lebendgröße ein Schinkenbein. "Kaufen Sie Möbel im Wert von über 599Euro und erhalten Sie einen Schinken gratis dazu!" Bienvenidos a Espana. Bienvenidos zum neuen Blog. Es gibt Geschichten über Langfinger, kulinarische Highlights wie Schweinemandeln und Bilder von atemberaubenden Landschaften der Sierra de Aracena und meinen atemberaubenden Freunden aus (Deut)Schland!
Das wichtigste sind natürlich immer die Menschen, die man um sich hat. Angefangen hats ja schon mit Teresa, der beste Zivi der ganzen Welt. Später kam dann Besuch aus Paris. Nicolas S. hatte keine Zeit und hat würdige Vertretung geschickt. Hübscher, intelligenter und interessanter, welcome Anna & Jeff en Sevilla (caliente!). Nach TriMUN Besuch ist vor TriMUN und zack - standen auch schon meine Lieblingshomies Florian, Kerstin und Christian vor der Tür (in spanisch spricht man das Florrr, Kaschdin y Krries). Dios hatten wir eine schöne Zeit.
Hier links im Bild seht ihr zum Beispiel Minas de Rio Tinto. Eines der ältesten Bergbaureviere der Welt. Den Namen verdanken die Stadt und die angrenzenden stillgelegten Minen dem hier entspringenden Fluss "Rio Tinto", dessen blutrote Färbung eine ganz gespenstische Landschaft zaubert. Hier reagiert nämlich sein saures Wasser mit den Auswaschungen von Eisen und Kupfererzen, die es hier zur Genüge gibt (Ok, ich gebs zu, hier hab ich nochmal im Touriführer nachgelesen.) 1873 hat man dann hier die Rio Tinto Company gegründet und dann
ambitioniert eine der größten Kupferminen der Welt zustande gebracht. Ich persönlich hab ja noch nichts vergleichbares mit meinem Leben angestellt. Ok, heute sind die Minen stillgelegt, aber was überbleibt ist eine beeindruckende Landschaft, jede Menge Schrott und die vage Vermutung wie es hier einst mit 14000 Arbeiten rund um die Uhr zur Sache ging.
Hier rechts seht ihr mich auch vor meinen eigenen Lokstation!! TuuutTuuut.
Von dort aus gings dann wie schon bereits oben angedeutet nach Moguer. Schwierig zu beschreieben. Eigentlich eine ganz normale andalusische Kleinstadt, aber schon am frühen Morgen kommt man aus der Verzückung einfach nicht mehr heraus. Überall schöne Gebäude, überall riechts nach Kaffee und Toast, kein Haus trägt nicht mit schön gepflegten Blumenkästen auf, der Storch macht auf dem großen Kloster Santa Clara (in dem Kolumbus nach seiner Rückkehr angeblich eine ganze Nacht durchgebetet hat) sein Nest und man läuft (oder humpelt) fassungslos über das große Kopfsteinpflaster.
Ok, das war ja alles schon soweit ganz nett, aber mein absolutes Highlight des Kurztrips (und ich glaube das von meiner Mama auch - ich sag nur: "ich musste fast weinen, so schön war das!") war die Sierra de Aracena mit allem, was sich dort erleben lies. Im Herzen der Sierra, dem kleinen Marktstädtchen Aracena wo auch unser wunderschönes Hostal lag, sowie in den umliegenden Dörfern, in denen es manchmal nicht mehr als 300 Einwohner gibt und die Straßen nicht breiter als 3m sind, scheint die Welt einfach noch in Ordnung zu sein. Wie stehengeblieben. Die Luft ist klar, die Schafe laufen auf einer grünen Wiese um das Schloss, dass sich in der Mitte des kleinen Ortes erhebt und spielen Fangen, man hört ihre Glocken und auch ihr "mäh"... da haben sich meine Lungen nicht nur mit frischer Luft gefüllt, sondern auch mit einer großen Portion Glück. Es scheint schon so, dass ich dann am Ende doch ein Kind vom Land bin!
| Aracena: Wer mich im Bild findet, bekommt schon mal einen Jamon-Vorschuss! |
| Postkartenfoto. Copyright FTH. |
| MÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄH! Oder auf spanisch: Beeeeeeee! |
Einen Tag haben wir dann auch noch die hiesigen Tropfsteinhöhlen angeguckt. Fotos durfte man leider keine machen, deswegen einfach mal bittebitte "Grutas de Maravilla Aracena" im Internetz eingeben und Staunen. Maravillo übersetzt sich nicht um sonst mit "traumhaft" oder "wunderschön". Rund 150.000 Besucher im Jahr sprechen für sich, jedoch musste die Höhle schon einige Male geschlossen werden, weil die Leute einfach nicht die Finger von den langsam wachsenden Salzen lassen können. Patschpatsch, als ob man dann mehr von dem Erlebnis hätte! Den müsste man einfach mal allen Krücken in die Hand drücken, dann hätten die überhaupt keine Hand frei für solchen Unfug! Höhlen verschiedenster Formationen und größen mit glasklaren Seen und bizaaren Felsformationen boten übrigens auch die Kulisse für den Film "Die Reise zum Mittelpunkt der Erde". Und das bin ja wohl immernoch ich!So und jetzt sitze ich schon wieder über zwei Stunden an dem Eintrag hier und es liest sich als seien es 20 Minuten gewesen. Ich fass auf jeden Fall nochmal zusammen: hier in Spanien gehts nicht nur mit den Temperaturen aufwärts, sondern auch mit meinen Gehbemühungen und dem Gemüt. Am Samstag war ich schon kräfig feiern und bald werd ich mich auch wieder aufs Fahrrad schwingen können. Fürs kommende Wochenende sind Ausflüge und Aktivitäten geplant (alle ohne dabei viel zu laufen) und das hilft mir ein bisschen über das schon latent vorhandene Heimweh hinwegzukommen, dass eure ganzen wunderschönen Besuche hervorgerufen haben. Vielen Dank dafür nochmal.
Die Uni läuft besser als ich, ich habe mit einer kleinen Diät begonnen um die Gipsfrustfresserei rückgängig zu machen (mal sehen was daraus wird) und ich freue mich jetzt einfach wieder richtig auf die drei Monate die mir hier noch verbleiben. Durch die Geschichte mit dem Gips ist mir nochmal klargeworden, dass man es schon nutzen sollte, wenn man fit ist. Also Abfahrt!
Eine Nachricht habe ich zum Schluss noch für alle interessierten, wie es mit mir, meinem Leben und dem Blog weitergeht. Ab Juli wird sich nämlich die Überschrift ändern. Dann heißt es nicht mehr Lena en Espana, sondern Lena en Chile. Vor einigen Wochen habe ich meinen Praktikumsvertrag zugesendet bekommen, der Flug ist gebucht und die Vorfreude schon größer als ich! Von Juli bis Oktober werde ich in einer Kleinstadt im Süden Chiles, Temuco, in einer Fundación der World Fair Trade Organization Praktikum machen. Die Fundación arbeitet im Bereich des Fair Trade zusammen mit den Mapuche, quasi den Aboriginie Chiles, und ich darf mit meinen eigenen Augen alles sehen und mit meinen Händen anfassen und helfen! Sehe mich schon in Wanderschuhen unterwegs nach Patagonien, noch ekelhaftere Sachen essend als Schweinemandeln, Leber und Niere und mir in Chiles Winter den Hintern abfrieren. Mit anderen Worten, ich bin gespannt. Ich bin neugierig. Ich schätze mich glücklich. Ich hab die Hosen voll. Ich will meinen Koffer packen. Ich freue mich!
Liebe Leser....viele Grüße an euch alle!
Auf bald,
Lenita


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