Sonntag, 1. Mai 2011

Semana Santa oder Darth Vader zu Gast in Sevilla

Nachdem die letzten Blogeinträge hauptsächlich durch schwarze Buchstaben geprägt waren, will ich heute mal etwas mehr die Bilder sprechen lassen. Was also die Semana Santa ist und warum der Hut von Darth Vader plötzlich blau ist erfahrt ihr hier...

Semana Santa also ist der spanische Begriff für die Heilige Woche vor Ostern und wird hier im besonders katholischen Spanien daher auch besonders gefeiert. Der Höhepunkt der Osterprozessionen ganz Spaniens befindet sich wo? Genau. In Sevilla. Nun feiert man die Osterwoche aber etwas anders als den Rest der spanischen Feste, die ich bisher kennengelernt habe. Es fehlt die fröhliche Musik, es fehlt die Tanzerei, es fehlt das Lachen. Das hat man nämlich ausgetauscht gegen düstere Prozessionsmärsche in der drohenden Paukenschläge die Melodie angeben, leidende Überlebensgroße Wachsfiguren der Jungfrau Maria und ihrem Jesus, die im Gleichschritt auf den Schultern der besonders Gläubigen getragen werden und eine Atmosphäre, die einem das das Blut in den Adern gefrieren lässt. Es strömen tausende Touristen heran, der Verkehrt liegt still, die Uni fällt aus, die Innenstadt ist nicht passierbar, der normale Grad an Verrücktheit, an den ich mich mittlerweile schon gewöhnt hatte, wird nochmal um ein weites übertroffen. Wie sieht das dann genau aus?
Dieser weiße Freund hier gehört nicht etwa dem Ku-Klux Klan an, sondern einer sogenannten Hermandad oder auch Bruderschaft. Jede Bruderschaft (davon gibt es dutzende) bildet während der Osterwoche ihre eigene Prozession, das heißt, man zieht mit der gesamten Mannschaft von der Heimatkirche los und läuft eine bestimmte Strecke ab, die quer durch die Stadt führt. Eine Prozession besteht oft aus mehreren hundert Menschen. (Zuschauer exklusive!) Eine Kapelle begleitet das düstere Spektakel mit noch düstereren Paukenschlägen, kreischenden Blechbläsern und leidenen Oboen. Vornweg die Büßer - mit KuKlux Klan Mütze, damit man sie auch nicht erkennt - die ganz harten dann barfuß. Das kann bei einem Marsch, der sich über 10 Stunden oder länger hinwegzieht schonmal das ein oder andere Bläßchen produzieren (Gott wirds danken!).

Danach kommen die Träger. Das sind so um die 60 Männer, die ein Heidengeld dafür zahlen stundenlang ein tonnenschweres Podest mit der Heilgen Jungfrau Maria oder Jesus auf ihren Schultern zu tragen (Gott wids danken!). Alle schön im Gleichschritt, bei Temperaturen wie sie eben in Sevilla um die Zeit üblich sind und auch hier wieder die ganz Harten Barfuß. Das Bild links ist leider das einzige, in dem es mir gelungen ist die Größenverhältnisse einzufangen. Die Bühnen sind einfach schon verdammt groß, der Gleichschritt macht, dass die Jungfrau im Takt schunkelt und das leidende Gesicht der jungen Dame lässt es einem eiskalt den Rücken runterlaufen... Danach kommt dann noch die Kapelle, die dem ganzen den letzten düsteren Schliff mit den Prozessionsmärschen gibt. Aurori spielt zum Beispiel in solch einer Kapelle mit. Man verdient dann in der Woche auch ganz nett Geld, so um die 1000 Euro herum, hat dafür aber auch einen Arbeitstag von 16 Stunden, sagen  wir mal: Donnerstags von 14 Uhr bis 23 Uhr und danach wieder ab 3 Uhr Nachts bis am nächsten Tag mittags um 11 oder sowas. Pausen verboten, quengeln hoffentlich erlaubt. Ich weiß es nicht. 
Das ganze Spektakel gibts dann nicht nur am Tag, sondern eben auch  wie gerade erwähnt in der Nacht. Als Schmankerl zünden die Ku-Klux-Jungs dann noch Kerzen und/oder Fakeln an un der rote Wachs tropft über die weißen oder schwarzen Kostüme. Also ich fasse mal für mich zusammen: es ist einfach superunheimlich. Ich fühlte mich 500 Jahre ins Mittelalter zurückversetzt, mir macht die Musik Angst, ich sehe keinen Sinn in der Sache, ich blieb dem Zentrum fern um nicht aufgrund der Menschenmassen in Panik zu verfallen... denn was feststeht ist, dass viele Menschen das Ereignis anders bewerten als ich und  da schonmal einige Leute zusammenkommen um sich das Spektakel anzugucken. Vielleicht auch weil man als kleiner Spanier einfach früher damit sozialisiert wird...

Die Fakel zwar größer als der ganze Mensch und der Hut zu groß für den kleinen Kopf, aber wie wir alle wissen "dabei ist alles."
Das klappt natürlich nicht bei allen Jünglingen. Manche langweilen sich bei der Geschichte auch zu tode. Das hier im Bild könnte übrigens ich sein. Ich glaub ich wäre dann der Rechte. Ich möchte, dass man hier auch nochmal ein Auge auf die Kleidung wirft. Die Jungs sind vielleicht... hmm... auf jeden Fall jünger als Luke Skywalker, kleiden sich aber (oder werden gekleidet) als wären sie älter als der Imperator selber.

Was habe ich für einen Eindruck von den Sevillanern bei der ganzen Sache? Nun, man nimmt es bitterernst. Die Absätze der Frauen (die nicht barfuß laufen) sind in den Tagen nochmal 3cm höher, die Hemden der Männer beinhalten statt einer halben flasche Bügelfix eine ganze, man putzt und poliert sich auf Hochglanz und setzt dazu ein bitterernstes Gesicht auf um dem Anlass zu entsprechen. Mein Physiotherapeut (Sevillaner) sagt, dass ihn das alles nervt. Er verlässt die Stadt für die Zeit. Ja, gut, eine Prozession wird er sich schon ansehen um danach mit seinen Kumpels einen heben zu gehen....aber das auch eher weil ers so gewohnt ist. Ich würde also mal sagen mal zelebriert die Semana Santa weil man sie schon immer zelebriert hat. Weil so viele Touristen kommen. Weil man das Kleid nochmal anziehen kann, was man sich für Maria-Dolores Hochzeit gekauft hat und weil das soziale Event in den Bars danach es erlaubt die Fastensperre aufzuheben (kein witz.) Das dürfte der Großteil der Leute sein. Die Barfußjungs sehen das natürlich sicher anders. 
Zum Schluss noch eine verrückte Geschichte aus Malaga. Dort wird nämlich jedes Jahr  zur Feier der Semana Santa einem "Verbrecher" seine Sünde erlassen. Er läuft einfach einen Tag eine Prozession mit und zack - ist der Gute wieder in Freiheit. "Waaaaas?", frage ich empört den Vater meiner Mitbewohnerinnen, der mir die Geschichte erzählt hat. "Naja", sagt er, "das ist natürlich kein schlimmer Verbrecher, der hat dann vielleicht was geklaut oder so... und man prüft das ja auch vorher....". Ich lasse das einfach mal unkommentiert so stehen.
Genug mit der düsteren Bericht erstattung. Übermorgen fängt hier die sogenannte Feria an. Das ist jetzt wieder eine Woche frei, aber nicht um an düsteren Prozessionen teilzunehmen, sondern um zu feiern. Die ganze Stadt wird einfach eine Woche lang nur feiern. Mit bunten Flamencokleidern, Rebujito (Manzanillaschnaps und 7Up) und jeder Menge Klatschmusik. Ich denke mal heimlich müssen sich die Sevillaner auch von der Semana Santa erholen. Wie das dann so aussieht erzähl ich euch im nächsten Blog. 

Blick aus meinem Zimmerfenster. Guten Morgen 1. Mai!


Frohe Ostern dann noch - genießt die Sonne.
Hier lebt es sich eher nach dem Motto "abril - aguas mil". Also frei übersetzt: "Im April ist hier echt scheiß Wetter! "

Lena

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen